21.01.2011

Drachen-EM 2011: Boltenhagen vs. Warnemünde?

Die International Dragon Association (IDA) hat die Drachen-Europameisterschaft vom 3. bis 8. Juli 2011 nach Deutschland in das Ostseebad Boltenhagen vergeben. Zum selben Zeitraum läuft 35 Meilen weiter östlich die Warnemünder Woche. Ist das Zufall, Pech oder einfach nur "dumm gelaufen"?

Segel-Weltelite in MeckPomm: Der frischgebackene Vizeweltmeister Markus Wieser will im Juli 2011 vor Boltenhagen seinen Europameister-Titel zum dritten Mal in Folge verteidigen (fotos 2x Nils Bergmann, Dragon Grand Prix 2010 Boltenhagen)


Damit trifft sich Anfang Juli 2011 die Weltelite der Drachensegler an der Ostseeküste vor Mecklenburg-Vorpommern. Der amtierende Europameister und neuer Vize-Weltmeister, Markus Wieser, wird dann gefordert sein, seinen Europameisterschaftstitel zum dritten Mal In Folge zu verteidigen. An den Start gehen auch der amtierende Weltranglistenerste Antatoly Loginov aus Russland sowie Vize-Weltmeister 2009 Lars Hendriksen aus Dänemark.

Der DRAGON GRAND PRIX, zu dem die Drachen EM 2011 gehört, wird mit einem der höchsten Faktoren für die Weltrangliste der Drachensegler eingestuft und gehört zu den vier hochrangigsten Drachenregatten weltweit.


Wertvolle Medienpräsenz: Boltenhagen vs. Warnemünde?

Soweit die offizielle Pressemitteilung, wie sie in den letzten Tagen in verschiedenen Medien zu lesen war (Nordkurier, Segler-Zeitung, Ostsee-Netz usw.). Auf jeden Fall eine tolle Nachricht, nicht nur für Boltenhagen, sondern auch für das Segelland Mecklenburg-Vorpommern insgesamt, denn diese hochkarätige EM wird zweifellos für wertvolle überregionale Medienpräsenz sorgen.

Irritierend an dieser Erfolgsnachricht ist lediglich eines, nämlich der Termin 3.-8. Juli 2011. Denn damit trifft diese Drachen-EM zeitlich genau auf die Warnemünder Woche (2.-10. Juli 2011).

Einerseits kann sich das Segelland MV natürlich freuen über die doppelte mediale Strahlkraft zweier hochkarätiger Segelevents. Realistisch betrachtet muss man jedoch wohl (insbesondere die Warnemünder Woche) eher von einer Teilung als einer Verdoppelung der schwer genug zu erzielenden überregionalen Medienaufmerksamkeit ausgehen. Das ist neu und ziemlich ungewohnt.


Diesmal leider nicht am Start: Die Drachen-Klasse bei der Warnemünder Woche


In der Vergangenheit fanden derartige Top-Segelveranstaltungen (zumal in unmittelbarer Nachbarschaft) entweder nacheinander statt oder - noch besser - waren Europa- und Weltmeisterschaften integrierter Bestandteil (und Highlight) der Warnemünder Woche. Zwar wird es 2011 auch in Warnemünde ein wenig "Euro-Feeling" geben (Europa-Cups "Laser" und "Skippi 650"), aber eine zeitgleich "nebenan" angesetzte Drachen-Europameisterschaft ist irgendwie doch noch etwas anderes.

Internationale Segel-Highlights vor Boltenhagen

Das neue "Baltic Resort Boltenhagen" (ca. 30 Meilen Luftlinie von Warnemünde entfernt) steigt mit seiner "Weissen Wiek" spätestens jetzt endgültig in die Liga der Top-Regattareviere in Mecklenburg-Vorpommern bzw. Norddeutschland auf und könnte sich theoretisch (zumindest aus seglerischer Sicht) sogar mit Saint Tropez vergleichen, wo die letzte Drachen-Europameisterschaft im Oktober 2009 stattfand.

Bereits vor einem Jahr stand das Ostseebad mit dem ebenfalls hochkarätigen "Dragon-Grand-Prix 2010" (61 Boote) erfolgreich im Rampenlicht der nationalen und internationalen Segelpresse (siehe z.B. ZDF-Beitrag). Diese Veranstaltung fand damals (2010) unmittelbar im Anschluss an die Warnemünder Woche statt, welche dadurch immerhin noch Gastgeber der "Norddeutschen Drachen-Meisterschaft" (22 Boote) sein durfte. Für 2011 ist dieser Termin (16.-20.07.) allerdings auch schon durch die IDM in Kühlungsborn besetzt. Mit der aktuellen Terminüberschneidung wird die attraktive Kielbootklasse in diesem Jahr vor Warnemünde also definitiv nicht zu sehen sein.

Aus Warnemünder Sicht müsste diese Konstellation im Minimum für dezentes Zähneknirschen gesorgt haben, zumal den Hamburg-Boltenhagener EM-Organisatoren auch gleich noch der Coup gelungen ist, den frisch von der Kieler Woche "freigesetzten" Traum-Sponsor BMW ins Boot zu holen. Hier stellt der federführende NRV (Norddeutscher Regatta Verein) einmal mehr seine Position als einer der wirtschaftlich erfolgreichsten Segelvereine Deutschlands eindrucksvoll unter Beweis.

Hummel Hummel ...

Nach der ersten Serie von Top-Segelevents wie dem "Dragon Grand Prix 2010", der "NRV Champions Week 2010" und der jetztigen Drachen-EM 2011 scheint sich die Symbiose aus NRV und "Weisser Wiek" zudem gerade erst warmzulaufen. Auch für 2012 haben die Hamburger schon einen Mega-Knaller in Boltenhagen am Start.

Bei näherer Betrachtung ist diese Entwicklung fast logisch, denn nicht nur aufgrund der räumlichen Nähe (keine 100km Anfahrt; ähnlich wie Kiel) bietet das Ostseebad Boltenhagen als neues "Hausrevier" für die Hamburger Regattasegler und -organisatoren einfach mal optimale Bedingungen. (Die angeblich bevorstehende Umbenennung der Wohlenberger Wiek in "NRV-Champions-Wiek" im Sinne noch besserer Vermarktungsmöglichkeiten ist dagegen nur ein Gerücht! ;-)

... Mors Mors

An der Spitze der Warnemünder Woche steht seit dem vergangenen Jahr mit Lennart Klemp ebenfalls ein Hamburger Segler. Klemp ist Mitglied des mitveranstaltenden Hamburger Segel-Club e.V., der wiederum gemeinsam mit dem NRV so traditionelle Segelwettkämpfe wie die Glückstadt-Regatta oder die Nordseewoche ausrichtet. Schade, dass es bei diesen Verbindungen nicht auch für die Terminkoordination in Bezug auf die Warnemünder Woche / Drachen-EM 2011 gereicht hat. Von einer Drachen-EM im Rahmen der Warnemünder Woche mal ganz zu schweigen. 

Wie auch immer derartige Entscheidungen getroffen werden - Gründe gibt es sicher viele und wahrscheinlich sind zeitliche Überschneidungen wie diese manchmal nicht zu vermeiden.

Vielleicht liegt die Ursache aber auch ganz woanders und Boltenhagen hat einfach nur das bessere Damenprogramm im Angebot...!?



Hintergründe 

Drachen: Einheitsklasse mit Tradition

Von 1948 bis 1972 war der Drachen olympische Bootsklasse, 1960 vor Neapel gewann Kronprinz Konstantin von Griechenland, der heutige Exil-König, die Goldmedaille, 1964 der Segelmacher und Gründer des North-Konzerns Lowell North die Bronzemedaille.

Die Drachenklasse wird seither auch als "Königsklasse" des modernen Segelsports bezeichnet, da 1960 der griechische König Konstantin die erste Goldmedaille für Griechenland im Segeln gewonnen hat. Darüber hinaus segeln zahlreiche Mitglieder europäischer Königsfamilien aktiv in der Drachenklasse, mehr als 40 ehemalige Gewinner Olympischer Medaillen, Welt- und Europameistertitel messen sich in dieser Klasse.

Aber auch deutsche Segler waren im Drachen sehr erfolgreich. So segelten Rostocker Segler
über Jahre ganz weit vorne bei den olympischen Regatten. Peter Ahrendt gewann 1964 in Tokio zusammen mit Wilfried Lorenz und Ulrich Mense mit ihrer "Mutafo" Silber (und damit die erste Olympiamedaille für die DDR-Segelsport!). Vier Jahre darauf saßen auf dem gleichnamigen Boot die bronzenen Paul Borowski, Karl-Heinz Thun und Konrad Weichert. Und zum olympischen Abschluss der Drachen 1972 vor Kiel gewann die Borowski-Crew in identischer Besetzung Silber.

Aktuell zählen u.a. Uli Libor (Vize-Weltmeister 2007) und Markus Wieser (Vize-Weltmeister 2010/11 und zweifacher Europameister 2009 & 2010) zu den besten deutschen Drachenseglern.



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