Vor Anker im tiefsten Stadthafen - das hat's auch schon lange nicht mehr gegeben! Aber die fast 500 Tonnen der BOUNTY wollen auf engstem Raum erstmal manövriert werden. Bei starkem auflandigen Südwestwind und ohne Bugstrahlruder blieben kleine Blessuren beim Anlegen nicht aus. (alle fotos cc by RostockSailing.de)
Zwar mit Lotsen an Bord, aber ansonsten ohne weitere technische Assistenz dauerte es mehr als eine Stunde, bis endlich alle Leinen am Liegeplatz 92 übergeben und auch der Stadthafenchef Per-Olaf Altmann mit der Endposition des Dreimasters zufrieden gestellt war (nachdem er selbst tatkräftig anpacken musste)...
"Club Hauling" im Warnowschlamm |
Bei derartiger Tallship-Akrobatik lassen sich dann knirschende Planken an der Betonmauer mitunter nicht gänzlich vermeiden. Zum Glück am Ende nur leichte Blessuren Steuerbord am Heck. Wie in aller Welt haben die Jungs das bloß vor 200 Jahren gemacht als es noch nicht mal Maschinen gab?!
Knirsch: leichte Blessuren an Xb |
Zu Daten und Hintergründen der Filmdiva hatten wir ja gestern schon berichtet. Rostock Sailing war heute mittag auch im Stadthafen live dabei und somit gibt's nachfolgend noch eine kleine Fotostory mit dem kompletten Anlegemanöver ...
Viel Spaß beim "Nachgucken"!
12.09 Uhr: Die BOUNTY häkelt sich mit einem Lotsen an Bord durch das enge Warnowfahrwasser ostwärts in Richtung Stadthafen. Rechts im Hintergrund sind die alten Silo-Gebäude zu sehen, wo sie gleich festmachen wird. (Ist eigentlich schon jemandem aufgefallen, dass dem Besanmast - also dem hinteren - oben ein paar Meter fehlen...? - vgl. hier)
12.10 Uhr: Auf der Haedge-Halbinsel wird der Rummel mit Riesenrad aufgebaut. Zu diesem Zeitpunkt weht es auf der Ostsee aus Südwest mit 8 Windstärken und mehr. Hier im Stadthafen ist davon ebenfalls reichlich zu merken. Die BOUNTY hat auch ohne Segel noch reichlich Windangriffsfläche...
12.21 Uhr: Der Dreimaster nähert sich dem Liegeplatz 92. Der sehr böige Wind kommt aus Südwest und steht damit "voll drauf". Die BOUNTY muss noch beidrehen und vor allem bremsen! Doch zwischen Land und rotem Tonnenstrich ist nicht allzu viel Platz...
12.28 Uhr: Der Captain muss also "auf dem Teller" drehen. Dazu legt er das Ruder hart nach Steuerbord, geht so weit wie möglich in den Wind und lässt den Lee-Anker werfen. Das 500 Tonnen Schiff reagiert dennoch wahnsinnig träge. Damit das Heck schneller dreht, setzt die Crew das Besansegel. In alten Seefahrerkreisen vergangener Jahrhunderte wurde dieses radikale Anker-Manöver übrigens als "Club Hauling" bezeichnet...
12.32 Uhr: Das Vollschiff schwingt einmal komplett durch den Wind und hängt am Anker, der jedoch kaum Halt im metertiefen Warnowschlamm findet. Der Wind steht jetzt voll auf die Backbordseite der BOUNTY und drückt das Schiff immer weiter in Richtung Liegeplatz 92 (im Hintergrund links)...
12.33 Uhr: Um das Heck in Richtung Pier zu bekommen, wird das Besansegel erneut ausgerollt...
12.34 Uhr: Die Ankerkette trägt jetzt die volle Last; der Anker selbst hält eher schlecht als recht und das Heck kommt der Pier schon sehr nahe...
12.38 Uhr: Der erste Festmacher geht rüber. Stadthafen-Chef Olaf Altmann persönlich nimmt die Sorgleine entgegen und legt den Festmacher über einen Poller. Noch sind ein paar Meter Luft zwischen Schiff und Pier...
12.39 Uhr: Das Schiff liegt halbwegs stabil, aber nur solange der Anker hält. Und der driftet offensichtlich immer noch durch den meterdicken Schlamm. Das Problem besteht jetzt darin, den Bug um 90 Grad und vor allem kontrolliert in Richtung Pier zu bekommen. Dazu muss das Heck aber auch noch eine ganze Ecke nach rechts - wahrlich kein einfaches Unterfangen bei dem Wind ...
12.46 Uhr: Minutenlang versucht der Captain, das Schiff in die richtige Position zu bringen, doch der Anker rutscht weiter und der Wind lässt das Schiff immer mehr auf die Pier driften...
12.50 Uhr: Dann ist es nicht mehr zu vermeiden - das Heck bekommt Vollkontakt zur Betonmauer der Pier. Die Crew konnte zwar einen Autoreifen zum Abfendern dazwischenbringen, der dem Druck aber bei Weitem nicht gewachsen ist, sodass die helle vertikale Scheuerleiste einen anständigen Knackser abbekommt. Der Captain gibt Schub voll voraus...
12.54 Uhr: Vier Minuten später trifft das Heck ein zweites Mal auf Beton; diesmal hat die Crew schon zwei Reifen dazwischen - der Schaden hält sich zum Glück in Grenzen...
12.58 Uhr: Endlich liegt die BOUNTY längsseits der Pier, wenn auch noch mindestens zehn Meter zu weit vorn - der Bugsprit ragt noch weit über die Warnow...
12.59 Uhr: Nach einer dreiviertel Stunde Hafenkino vom Feinsten haben sich schon reichlich "Sehleute" versammelt. Auch die Stammcrew sieht toll aus und sorgt allein durch die Kopfbedeckung für erste Schmunzler. Derweil wird das Schiff Meter für Meter achteraus geholt...
13.02 Uhr: Auf dem gigantischen Bugsprit über der Galionsfigur wird schon mit "Kamm und Bürste" für Ordnung gesorgt...
13.04 Uhr: ...und auch der Anker geht endlich hoch. Offensichtlich liegen auch noch andere Dinge auf dem Warnowgrund als nur Schlamm und Kraut...
13.05 Uhr: Während das Schiff immer noch achteraus verholt, prüft Hafenkapitän Olaf Altmann kritisch die Position des Bugsprits und gibt letztendlich sein Okay...
13.10 Uhr: Dann ist die BOUNTY endlich fest und liegt das erste Mal im Rostocker Stadthafen...
13.15 Uhr: Das Dreimast-Vollschiff BOUNTY an der Silohalbinsel im Rostocker Stadthafen - tolles Bild! Wetten, dass sie beim Ablegen einen Schlepper bekommt?! ;o)
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